Eine Handspindel selbst herstellen? Geht das? Klar geht das. 🙂 Mit dieser Bauanleitung, die auf einfach zu bekommende vorgefertigte Teile zurückgreift, zeige ich euch, wie man mit etwas Geschick und ein paar Werkzeugen ganz einfach eine gut ausbalancierte Handspindel mit guten Laufeigenschaften baut. Je nach persönliche Präferenz kann man sie als Hochwirtel- oder Tiefwirtelspindel nutzen. Bekannt sind Spindeln dieses Bautyps auch als Toy-Wheel-Spindle oder Spielzeugrädchenspindeln.
Aber zunächst: Unterschiedliche Spindeltyen
Es gibt zahlreiche Formen von Handspindeln – Spinnen ist schließlich eine Tätigkeit, die sich auf allen Teilen unseres Planeten gebildet hat und Stoff aus handgesponnenen Fäden gab es lange bevor Spinnräder entwickelt wurden . Türkische Kreuzspindeln, Supportspindeln, Kopfspindeln (Hochwirtelspindel), Fußspindeln (Tiefwirtelspindel), indische Akha oder Takhli sind nur einige der bekannteren Spindeltypen.
Handspindel Marke Eigenbau
Es gibt viele Möglichkeiten dem Spinn-Virus zu frönen und Spindeln selbst zu bauen. Mit etwas Kreativität kann man fast alles zweckentfremden und meist sind die handgefertigten Spindeln vom Materialwert her günstiger als die gekauften. So kann man CDs als Wirtel nutzen, Spindeln mit Glas-, Ton- oder Holzperlen als Wirtel bauen oder sogar eine Spindel aus Fimo bauen. Ich sage immer, dass man im Grunde auch mit einer gut ausbalancierten Kartoffel spinnen könnte – und nein, das ist wirklich durchaus ernst gemeint. 😉
Alle Zutaten für die hier vorgestellte Spindel bekommt man in den unterschiedlichsten Ausführungen und Größen entweder direkt im Baumarkt oder auch sehr günstig bei Internetauktionshäusern oder Onlineshops. Gute gewichtete selbstgebaute Spindeln aus Spielzeugrädern können sich in Laufeigenschaften und Spinnverhalten ohne weiteres mit den – zugegebenermaßen optisch durchaus wunderschönen – Edelspindeln von Herstellern wie Bosworth oder Golding messen. Wer sie für eine längere Laufzeit „rim-weighted“ haben möchte, also so, dass das Gewicht auf dem Rand liegt, kann entweder direkt zu Holzrädchen mit ausgesägter Radstruktur greifen, mit der gleichmäßigen Bohrung von Löchern in der Wirtelscheibe nachhelfen oder gleichmäßig verteilte Gewichte auf den Rand kleben (zum Beispiel einen umlaufenden, schwereren Draht oder Glasperlchen).
Hochwirtelspindel oder Tiefwirtelspindel?
Die meisten Spinnanfänger empfinden das Spinnen mit einer Fußspindel, bei welcher der Wirtel unten am Schaft sitzt, anfänglich als etwas schwieriger. Natürlich entscheidet auch hier letztendlich die persönliche Vorliebe und Gewohnheit über die am meisten geliebte und genutzte Handspindel. Wer lieber eine Tiefwirtelspindel bauen möchte, lässt den Haken einfach weg, setzt den Wirtel ans untere Ende der Spindel und schnitzt oben eine Kerbe für den besseren Sitz des Garns in den Schaft.
Wie viel sollte die Handspindel wiegen?
Beim Spinnen mit Handspindeln gilt Folgendes: man kann mit schweren Spindeln durchaus auch sehr dünne Garne spinnen, allerdings keine dicken Garne mit sehr leichten Spindeln. Der Drall des Garns (also die gesammelte Energie) würde sonst dazu führen, dass sich die Spindel von selbst wieder zurückdreht. Mit 20 g ist eine Spindel schon recht leicht, wobei es auch noch deutlich leichtere gibt, ich habe zum Beispiel Lace-Spindeln mit Gewichten von 10-15g. Spindeln mit dem Gewicht von 25/30 – 50 g bilden ein gutes Mittelfeld, mit dem man dickere aber auch sehr feine Garne spinnen kann und auch schön zwirnen kann. Spindeln mit 60 g sind schon fast zu schwerere Exemplare – neben dem Spinnen von dickeren Fäden eignen sich diese gut zum späteren Verzwirnen, weil hier eine große Menge Garn darauf passt. Aber im Grunde zwirnen die meisten mit den Spindeln und Spindelgewichten, die sie auch zum Spinnen nutzen.
Ausgepasst: Industriell hergestellte Anfängerspindel von großen Firmen liegen gerne so bei 80-100g – nur für das reine Spindelgewicht. Einfach mal vorstellen, wie man stundenlang am ausgestreckten Arm 100g Spindel plus 50-100g Wolle vor sich hält. Unschön.
Handspindeln dieser Art werden scherzhaft auch gerne als „Anker“ bezeichnet und sind natürlich viel zu schwer. Zumal man hiermit wirklich fast nur Seile gesponnen werden können und sie nach einer kurzen Anfangsphase als unbrauchbar in der Ecke landen.
Benötigtes Material zum Selbstbau einer Handspindel aus Holz
(Gewicht ca. 40 g)
Rundholz aus dem Baumarkt (Durchmesser 8 mm)
Spielzeugholzrad (Durchmesser ca. 7 cm, Höhe ca. 1,5 cm)
Häkchen mit Gewinde (Alternativ: fester Draht, Vorbohrer, Sekundenkleber)
Bohrmaschine
Holzbohrer (Durchmesser 8 mm)
Anspitzer
Rundzange
Holzleim/Sekundenkleber
Säge
Feile
Bauanleitung für Hochwirtelspindel
- Das Holzrädchen aufrecht im Schraubstock einspannen, die Bohrmaschine möglichst gerade und mittig ansetzen und das Loch bohren.
- Das Rundholz mittels Säge auf circa 30 cm Länge kürzen. Ein Ende mit einem Bleistiftanspitzer anspitzen. So läuft die Spindel später auch noch weiter, wenn sie schon auf dem Boden aufgesetzt hat.
- Den Wirtel mit sanfter Gewalt auf die nicht angespitzte Seite des Schafts schieben, so dass er ungefähr 1-2,5 cm herausragt.
- Meist hält der Wirtel jetzt schon fest auf dem Schaft. Sitzt der Wirtel zu locker, kann man ihn mit etwas Holzleim oder ein paar Tropfen Sekundenkleber fixieren.
- Das Häkchen mit seinem Gewinde mittig in den herausragenden Schaft bohren. Man kann den Haken mit Hilfe von einer kleinen Rundzange auch selbst aus stabilem Draht biegen, mit einem kleinen Handbohrer ein Loch vorbohren und ihn mit Sekundenkleber festkleben. Das hat den Vorteil, dass man den Haken nach persönlichem Bedarf tunen kann. Auch schiefe Bohrungen des Wirtels können so etwas ausgeglichen werden.
- Auf der von der Hakenöffnung abgewandten Seite je nach persönlicher Vorliebe eine tiefe Kerbe von der Oberseite zur Unterseite des Wirtels einfeilen. (In der Hoffnung, dass das nicht zu wirr klingt: Bei mir liegt diese immer auf sieben Uhr, also links unten vom Hakenrücken aus… ) Die Kerbe ist sehr wichtig, hierdurch läuft später während des Spinnens das Garn, damit es nicht abrutscht.
- Läuft die Spindel nach ersten Anspinnen noch nicht ganz rund, kann man – mittels der Rundzange und sanftem Zurechtbiegen – noch „Hakentuning“ betreiben. Es ist nicht wichtig, ob der Haken dabei schief aussieht, das Entscheidende ist, dass das Garn letztendlich mittig hindurch läuft und im Schwerpunkt sitzt.
Tipps zum Handspindelbau
Es ist sehr wichtig, dass das Loch, in welchem der Schaft später sitzt, wirklich mittig in der Scheibe des Wirtels sitzt und nicht zu schief gebohrt ist. Man kann durch Hakentuning zwar noch einiges rausholen, aber die Spindel läuft sonst später wahrscheinlich nicht wirklich rund, was auf Dauer ganz schön anstrengend werden kann. Spielzeugräder aus Holz haben den Vorteil, dass sie meist schon mittig vorgebohrt sind, was die Arbeit erleichtert.
Wenn man zu einem größeren oder kleineren Wirtel greift sollte man auch einen etwas dickeren bzw. kleineren Schaft wählen. Beim Kauf des Rundholzes bitte unbedingt darauf achten, unbehandeltes und unlackiertes Holz zu nehmen, damit der Schaft beim Andrehen der Spindel auch griffig genug ist. Für Menschen mit schwitzigen Händen sind Rundhölzer mit längs eingearbeiteten Rillen besonders praktisch. Und wer es besonders hübsch haben will: Nach dem Spindelbau kann man seine Spindel noch mit Acrylfarben bemalen und/oder zusätzlich mit Glasperlen bekleben.
Weitere Bauanleitungen für Spindeln auf Fiberspace:
- Bauanleitung für meine Paläo-Spindel (Kreuzspindel) und das Tutorial für die turkish spindle nochmals auf Englisch.