Nachbau: Getöpferte mittelalterliche Spinnwirtel um 1300

Hier also wie angekündigt mein Versuch mit Aufbautechnik mittelalterliche Spinnwirtel in Ton nachzuarbeiten. Ich habe inzwischen mehrere (für jeden, der schon mal etwas länger gesponnen hat sich teils echt krude anhörende) Theorien zum Thema Spinnwirtel gelesen – ich sage nur „angesteckte Wirtel, die angeblich nur zum Anspinnen verwendet und dann abgenommen wurden, damit der/die Nächste Anspinnen kann. Dann aber wiederum massenhaft Wirtelfunde, weil es simple Gebrauchsgegenstände waren, die man leicht verlor. Wenn die so selten waren, dass ich die nach dem Anspinnen total unpraktischer- und unsinnigerweise abmachen musste, warum hob man die dann nicht wieder auf? Ich finde es ein wenig gaga – aber vielleicht habe ich beim Lesen der ganzen Texte ja was falsch verstanden…

Mittelalter-Spinnwirtel

Im Grunde hat sich die Form der Wirtel (hierzulande sind leider die von mir recht ungeliebten Tiefwirtelspindeln historisch korrekt) nicht wirklich verändert und es wurden verschiedenste Materialien genutzt. Design folgt in diesem Falle halt einfach mal physikalischen Gesetzen. Aber die Zeit um 1300 zeichnet sich meines Erachtens durch den Verlust von handwerklichen Fähigkeiten aus. Viel ist verloren gegangen, was in früheren Jahrhunderten ans Handwerkskunst bekannt war. Das zeigt sich besonders deutlich in der Keramik. Und so sind die Wirtel auch alle relativ schlicht, grob und unverziert, während frühere Funde deutlich hübscher verarbeitet sind.

Spinnwirtel um 1300

mittelalterliche Spinnwirtel

Bei meiner Arbeit orientiert habe ich mich an dem Funden der Mühlviertler Burgen (Österreich), ein eigentlich wichtiger Besuch im Stadthistorischen Museum, um sich nach lokalen Funden umzusehen, steht noch aus.

Die den mittelalterlichen Originalen nachempfundenen Spinnwirtel habe ich aus weißem Ton gearbeitet, der nach dem Schrühbrand von mir mit je grünlicher und gelbbräunlicher Glasur angepinselt und dann im Hochbrand gebrannt wurde. Ich glaube, ich habe damit ungefähr das Farbspektrum der damals um 1300 üblichen Glasuren erreicht. Ursprünglich hatte ich überlegt den Ton unglasiert zu lassen, aber nach dem Brand fühlte er sich noch zu rauh an und es wären wohl zu viele Fasern haften geblieben.

Mittelalter-Spinnwirtel-3

Nach meinen Erfahrungen mit dem Töpfern der Spinnwirtel neige ich auch zu Vermutung, dass die tönernen Wirtel zumindest zum Teil wahrscheinlich auf der Töpferscheiben entstanden sein müssen, da sonst die Regelmäßigkeit der Wirtel und die Geradlinigkeit der Achse nur schwer zu erreichen ist….

Ein Teil der Wirtel wanderte dann auch direkt als Geschenk und Gegentausch an die Handmaid. Ausprobiert habe ich die Wirtel – bis auf einen unauthentisch verzierten und glasierten, den ich direkt zur Supportspindel umgebaut habe – noch nicht. Bisher liegen sie noch als dekorative Elemente in einer Schale auf meinem Wohnzimmertisch.

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