Vor ein paar Wochen stolperte ich bei dem Sender HGTV (Home & Garden TV – hier gibt es hauptsächlich so Renovierungs- und Hausflippingshows. Oder es geht um den Kauf irgendwelcher Blockhütten von grässlich bis genial in den USA. Hervorragender Eskapismus gerade.) über die Ankündigung zu der Show „Unser Traum vom Schloss“ mit Angel & Dick Strawbridge.
Angel & Dick Strawbridge: Unser Traum vom Schloss
Ich war neugierig und sah mich etwas um. Die britische Serie („Escape to the Chateau“) hat inzwischen 7 Staffeln, die auf Channel 4 des britischen Fernsehens verfügbar sind. Das Pärchen (zu Beginn der Serie ist Angel Ende 30, Dick Ende 50, mit den 2 Kleinkindern Arthur und Dorothy), aus UK, das bei der Haussuche irgendwann quasi feststelle: Hey – hier in England können wir uns dafür vielleicht gerade ne bessere Hundehütte leisten, aber in Frankreich bekommen wir dafür ein ganzes Schloss! Die Serie begleitet sie beim Finden und Kauf des seit 40 Jahren unbewohnten Château de la Motte-Husson in Frankreich – und natürlich bei der Renovierung desselbigen. Ganz „nebenbei“ bauen die beiden auch noch ein Business mit Hochzeitsveranstaltungen auf, um den Unterhalt des Chateaus finanzieren zu können.
Angel und Dick sind dabei nicht vollkommen neu im medialen Dschungel. Mit seiner vorherigen Familie (die Kinder sind inzwischen schon Erwachsene) hatte Dick Strawbridge schon einmal eine Fernsehserie, wo er versuchte nachhaltig auf einem Hof in Irland zu leben und zu wirtschaften. Angel hat eine große Liebe für antike Dinge, was sich schon in ihrem persönlichen Kleidungsstil stark niederschlägt. Sie betrieb in London die „Vintage Patisserie“ die man für ausgefallene Vintage-Teapartys buchen konnte und traf so auch auf Dick – als sie für ihn eine Party ausrichtete. Sie hat – damals noch unter dem Namen Angel Adoree – zu dem Vintage-Teaparty-Thema auch schon mehrere wundervoll aufgemachte Bücher voller Rezepte und do-it-yourself- Anleitungen geschrieben, die ich zum Großteil schon hier liegen habe. 😅 „The Vintage Sweets Book“* und „The Vintage Tea Party Book„* – diese Bücher sind schon vor knapp 10 Jahren erschienen, aber eigentlich zeitlos schön. Das Letztgenannte ist unter dem Titel „Vintage Tea Party: So gelingt die perfekte Tea Party“* sogar auf Deutsch erhältlich. Ganz neu herausgekommen ist übrigens ihr gemeinsames Buch „A Year At The Chateau„* – bisher allerdings nur auf Englisch.
Kleine, heilende Realitätsflucht mit „Escape to the Chateau“
Auch wenn die beiden quasi Profis im Geschäft sind, hat die Serie dennoch so viel Charme und trägt so viel Herzblut und Authentizität in sich, dass sie einfach bezaubernd ist. Mich rettet „Escape to the Chateau“ gerade mental durch die Coronakrise. Wenn es mir abends zu schlecht geht von all den Nachrichten, mache ich mir eine Folge an und betrachte amüsiert, wie Dick irgendwas handwerklich zusammenflucht, Angel eine ihre wunderbaren Ideen kreativ umsetzt, mal eben beschließt, dass ohne Geld oder Platz ein Aufzug im Schloss eingebaut wird oder die Kinder sich über irgendwas schief lachen. Es hat auch in mir etwas zum Klingen gebracht, was in den letzten 10 Jahren unter Alltagskram und Kümmern ums Kind etwas verschüttet gegangen war: Meine Liebe zu alten Dingen. Ich habe es also zum Anlass genommen Dinge an unserer Inneneinrichtung mal wieder in Angriff zu nehmen. Meine Schätze auszugraben, aufzupolieren und stolz und nicht mehr leicht verschämt auf meinen Drachenhort zu blicken. (In einer Zeit, die ständig Minimalismus predigt und leicht naserümpfend auf gesammelte Schätze starrt, halt nicht so einfach.) Vielleicht zeige ich euch demnächst auch mal meine kleine „Wand der Kursiositäten“ – sehr weitläufg angelehnt an Angels „Tower of Curiosities“ im Chateau.
Dieses Nachdenken und Wiederentdecken führte auch dazu, dass ich diese Anleitung für eine selbstgemachte Etagere ausgrub.
Tutorial: Etagere aus Sammeltassen – wie bei Angel in „Escape to the Chateau“
Wie ich schon schrieb, ich entdeckte für mich viele Parallelen – von der Art zu kochen, über spezifische Rezepte bis hin zu der Liebe für Vintagedinge, alte Tapeten und schnörkeliges Porzellan. Diese Anleitung hatte ich vor über 12 Jahren für ein (inzwischen im Vergessen versunkenes) Online-Magazin geschrieben und fotografiert. Also sorry, dass das vielleicht nicht die beste Bildqualität ist. Umso erfreuter war ich, als ich sah, dass Angel ebenfalls solche Etageren herstellt, um darauf das Catering bei den im Chateau stattfindenden Festen zu präsentieren. Seit diesem Jahr ist in UK sogar eine ganz neue Keramikserie von ihr in diesem Stil herausgekommen. Als ich dieses Tutorial schrieb, gab es noch keine neuen Gestänge einzeln zu kaufen und ich musste eine alte Etagere kannibalisieren, um das Gewinde für meine verwenden zu können. Da habt ihr es heute einfacher! Bei Amazon habe ich sogar komplette Sets mit Bohraufsatz zum Schneiden von Porzellan und Etageren-Gewindestangen* dazu gefunden. Und es gibt Gestänge in stilvollem schwarz* oder silberne Etageren-Gestänge mit Sternengriffen*. Just – Wow. 🤩
Aber zurück zur Anleitung, die ich etwas für euch abgestaubt und gestrafft habe – inklusive neu überarbeiteter Bilder. Ihr müsst keine großen Künstler*innen oder Handwerker*innen sein – um tolle Ergebnisse bei diesem DIY-Projekt zu erzielen. Wer ein kleines Multifunktionswerkzeug wie einen Dremel ruhig halten kann und in der Lage ist den Mittelpunkt auf dem Geschirr einzuzeichnen, der kann auch diese Etagere ganz einfach selbst anfertigen. Große Vorkenntnisse benötigt man hierfür nicht. Geduld, etwas Augenmaß beim Ausfräsen des Durchbruchs und eine ruhige Hand sind – außer dem benötigten Werkzeug – die Grundvoraussetzungen.
Ich hoffe ihr habt Freude daran, hier werden demnächst jedenfalls noch ein paar neue Etageren gebaut werden.
Selbstgemacht: Edle Shabby Chic-Etagere aus Omas Sammeltassen
Benötigte Materialien zum Selbstbau der Etagere
1 auseinanderschraubbares, funktionsfähiges Gestänge einer alten Etagere oder ein neu gekauftes Etageren-Gestänge*
1 wundervoll kitschig-goldenes, mit Blumenornamenten verziertes Sammeltassenset, bestehend aus Desserteller, Untertasse und Tasse. Oder verschiedene Teller nach persönlichem Belieben. Stilistisch gibt es hier viele tolle Sachen. Angefangen beim etwas klarerem Fifties-Look des Geschirrs, bis hin zum überbordenden Pseudo-Barock. Man sollte für diesen Selbstbau vielleicht nicht gerade zu Omis, mit Argusaugen bewachtem, Meißner Porzellan oder den guten Hutschenreuther Sammeltassen greifen. Bei Ebay, den Kleinanzeigen, auf Flohmärkten, alten Speichern oder in gemeinnützigen Läden finden sich oft alte und preisgünstige Schätzchen für circa 5 Euro.
1 elektrisches Multifunktionswerkzeug wie beispielsweise dieses hier von Proxxon* (oder günstigere Fabrikate eines ähnlichen Multitools*)
1 Diamantfräser* mit runder Form
1 altes Küchenhandtuch
Schutzbrille
Mundschutz
wasserfester Stift und Lineal
kleines Gefäß mit Wasser
Einige Blätter Küchenpapier
Anfertigung der selbstgebauten Etagere
- Mit Hilfe des wasserfesten Stifts und des Lineals den Mittelpunkt der Teller und der Tasse auf der Unterseite mit einem Kreuz anzeichnen.
- Schutzkleidung anlegen, um keinen feinen Staub einzuatmen und um die Augen vor eventuell abgelösten kleinen Porzellansplittern zu schützen.
- Das Handtuch zusammenfalten und den Teller darauf eben platzieren, so dass die Unterseite nach oben zeigt.
- Ich persönlich gebe ein paar Tropfen Wasser auf die Unterseite, so wird beim Porzellanbohren direkt der entstehende Porzellanstaub ein wenig gebunden und die durch Reibung entstehende Hitze etwas gekühlt.
ACHTUNG: Allerdings ist das sehr gefährlich und ich empfehle es euch ausdrücklich nicht. Ich achte sehr darauf, dass die Maschine, mit der ich arbeite, keinerlei Wasser abbekommt. Es ist ein stromführendes, elektrisches Gerät!
- Mit nur wenig Druck den Fräser auf der markierten Stelle aufbringen und langsam und vorsichtig durch das Porzellan fräsen. Hierbei wölbe ich die freie Hand etwas darüber, um Spritzer des Wassers abzufangen. Den Kopf des Fräsers immer leicht hin und her bewegen. Nicht zu lange an einer Stelle verweilen.
- Ab und an gebe ich ein paar Tropfen Wasser nach und entferne mit einem Küchentuch Schmutzpartikel und Porzellanstaub. Nach dem Durchbruch wird der Teller umgedreht und von der Oberseite her ebenfalls ausgefräst.
- Das Loch in der Mitte des Tellers durch sanft kreisende Bewegungen mit dem Fräser langsam, stetig und gleichmäßig erweitern, bis das Gewinde des Gestänges problemlos hinein passt. Bitte genau darauf achten: Wenn die Öffnung zu klein ist und man mit Ach und Krach das Gewinde rein drückt, kann das Material reißen, ähnlich wie bei einem gesprungenen Teller. Die Bohrung ist ja nichts anderes als eine gezielte Beschädigung des Materials.
- Diesen Vorgang bei allen Geschirrteilen wiederholen. Den wasserfesten Stift auf der Rückseite mit etwas Nagellackentferner und Watte entfernen, Teller und Tasse gründlich spülen und abtrocknen.
- Nun die Etagere mit den neuen Tellern zusammenbauen. Danach sorgfältig mit kleinen Kuchenstücken, Pralinen oder Petit Fours belegen, das ausgefallene Designer-Stück als Krönung auf die Tafel stellen und leer knabbern lassen.
*Werbung: Affiliate-Links zu Amazon. Bei einem Einkauf hierüber erhalte ich eine geringe Vergütung. Danke!